Was braucht eine gute Partnerschaft?

Hochschulen beklagen Probleme bei der Finanzierung der Forschungszusammenarbeit. 55 Prozent der Kooperationen und 36 Prozent der Aufträge erwirtschaften nicht indirekte Projektkosten wie Ausgaben für Verwaltung und Infrastruktur.

Die Bereiche Grundlagenforschung und akademische Lehre zählen traditionell zu den Kernfunktionen der Hochschulen. Aber auch weitere, an gesellschaftlichen Gruppen orientierte und in Partnerschaften organisierte Aufgaben gewinnen an Bedeutung. So erkennen die Hochschulleiter vermehrt die Rolle an, die Hochschulen als Wissensproduzent für eine wissensbasierte Ökonomie spielen.

Die Bedeutung anwendungsorientierter Forschung und des Wissenstransfers in die Wirtschaft ist zwischen den Jahren 2011 und 2013 von zehn Punkten auf 23 Punkte gestiegen. Damit liegen diese Bereiche zusammengenommen hinter der zentralen Aufgabe grundständige Lehre (34 Punkte), aber weit vor der Grundlagenforschung (neun Punkte). Universitäten schätzen anwendungsorientierte Forschung und anwendungsorientierten Wissenstransfer kaum geringer ein als Fachhochschulen, bewerten allerdings die Grundlagenforschung höher. Beide Aufgaben liegen bei 21 Punkten.

72 Prozent der Hochschulen ohne Transferstrategie

In der Organisation der Partnerschaften mit Unternehmen verfolgen die Hochschulen dann einen eher pragmatischen und dezentralen Ansatz. Die Hochschulleitungen lassen sich über die Projekte informieren – an 94 Prozent der Hochschulen werden Drittmittel zentral erfasst –, sie setzen Kooperationsanreize für die Wissenschaftler ihrer Einrichtung, beispielsweise in Form von Leistungszulagen (75 Prozent), und stellen Standards wie Kooperationsrichtlinien oder Musterverträge zur Verfügung (71 Prozent). Weitergehende Vorgaben oder Impulse kommen jedoch selten von der Hochschulleitung.

Nur eine Minderheit der Hochschulen evaluiert Kooperationsprojekte (34 Prozent) oder beschreibt die Visionen oder Ziele der Zusammenarbeit in einer Transferstrategie (28 Prozent). Dabei sind große, forschungsstarke Hochschulen bei der institutionellen Verankerung von Kooperationen weiter fortgeschritten als kleinere Einrichtungen. Beispielsweise verfügen alle an der Umfrage beteiligten Elite-Universitäten über hochschulweite Standards und eine schriftlich fixierte Transferstrategie. Doch insgesamt werden strategische Partnerschaften mit der Wirtschaft bisher selten zur nach außen sichtbaren Profilbildung der Hochschulen genutzt. Stattdessen delegieren die Leiter die Verantwortung für die Ausgestaltung der Partnerschaften häufig an die Fachbereiche und die Wissenschaftler selbst.

Hauptmotiv Finanzierung

Hochschulen verfolgen unterschiedliche Motive bei der Zusammenarbeit mit Unternehmen: wissenschaftliche, gesellschaftliche und finanzielle. Die Finanzierung von Forschungsaktivitäten ist dabei mit 93 Prozent der am häufigsten genannte Grund für die Zusammenarbeit mit Unternehmen. Rund neun von zehn Hochschulleitern geben zudem an, dass ein höheres Renommee der Hochschule, bessere Berufsperspektiven der Absolventen und der gesellschaftliche Wert von Wissenstransfer entscheidende Motive sind. Damit sind keine rein wissenschaftlichen Ziele unter den am meisten genannten Antworten. Allerdings sagen noch etwa drei von vier Rektoren und Präsidenten, dass der Zugang zu Forschungsfragen, Technologien und Know-how eine zentrale Rolle bei Forschungskooperationen ihrer Hochschule spielt.

 

Vollkosten selten gedeckt

Das eigene wissenschaftliche Interesse der Hochschulen an den Kooperationen ist so groß, dass sie in den meisten Fällen bereit sind, eigene Ressourcen in die gemeinsamen Forschungsvorhaben zu stecken. Das heißt, Projekte werden nur anteilig von Unternehmen finanziert oder die Hochschulen übernehmen die Overheadkosten für Verwaltung, Nutzung der Infrastruktur u.a. Diese anteilige Finanzierung beider Partner trifft bei mehr als der Hälfte der Kooperationen und immerhin noch bei mehr als einem Drittel der Forschungsaufträge zu. Dieser Anteil liegt sogar höher, falls Programmpauschalen nicht die tatsächlichen Overheadkosten abbilden.

Die einzelnen Hochschultypen unterscheiden sich zudem deutlich in der Finanzierungsstruktur von gemeinsamen Projekten mit Unternehmen. Eine klare Unterscheidung zwischen Auftragsforschung und Kooperation treffen die TU9-Universitäten. Nur bei fünf Prozent der Forschungsaufträge beteiligen sich diese Hochschulen mit einem relevanten Eigenanteil. Bei Kooperationen können es sich die großen technischen Hochschulen hingegen leisten, mit eigenen Ressourcen in die Zusammenarbeit zu gehen. Nur in zwei Prozent der Fälle lassen sie sich die Vollkosten erstatten. Fachhochschulen und andere Universitäten unterscheiden dagegen weniger zwischen Aufträgen und Kooperationen.

Vertrauen wichtiger als Regeln

Wie gelingt eine gute Zusammenarbeit zwischen den Sektoren Wirtschaft und Wissenschaft? Aus Sicht der Hochschulen ist dafür eine Kultur der Kooperation ebenso wichtig wie effektive Strukturen und stabile Netzwerke. Zu den am häufigsten von den Hochschulleitern genannten Erfolgsfaktoren der Zusammenarbeit gehört das gemeinsame Arbeiten in Innovationsverbünden, wie etwa Clusternetzwerken oder Forschungscampusmodellen.

Bekannte Ansprechpartner und ein regelmäßiger Austausch erleichtern die Entwicklung neuer Kooperationsprojekte. Eine professionelle Struktur an der Hochschule sehen die Rektoren und Präsidenten ebenso als zentrale Voraussetzung an. Doch am wichtigsten ist für sie ein Erfolgsfaktor, der sich nur wenig formal und monetär steuern lässt: Vertrauen.

100 Prozent sagen, Vertrauen der Partner ist ein wichtiger Erfolgsfaktor

Doch welche Maßnahmen können vertrauensbildend wirken? Eine zentrale Rolle spielt dabei sicherlich, die Interessen des Partners zu respektieren. Relativ wenige Hochschulen sehen deshalb in der Offenlegung von Forschungsgegenständen oder gar Vertragsinhalten ein geeignetes Mittel, die Zusammenarbeit zu stärken. Denn für Unternehmen kann diese Offenlegung bedeuten, dass Wettbewerber frühzeitig von wichtigen Entwicklungsprojekten erfahren und den forschenden Unternehmen dadurch Wettbewerbsnachteile entstehen.

Einem berechtigten Interesse der Öffentlichkeit, nicht in Abhängigkeiten von Drittmittelgebern zu kommen, wollen die Hochschulen eher mit weiterentwickelten Standards und Verhaltensregeln sowie einer Pluralität von Partnern in Wirtschaft und Zivilgesellschaft begegnen.

Herausforderung: Forschung mit zwei Geschwindigkeiten

Hochschulen forschen langfristig orientiert, Unternehmen müssen sich an die kurzfristigen Innovationszyklen ihres Wettbewerbsumfelds anpassen. Für Hochschulforscher sind das Scheitern eines Ansatzes und die Neuorientierung bei komplexen Forschungsfragen Teil des wissenschaftlichen Prozesses. Unternehmen müssen dar auf achten, dass die Forschungsinvestitionen einen positiven return on investment bringen, das Risiko des Scheiterns also nicht zu hoch ist.

Hochschulen und Unternehmen haben also, selbst bei ähnlichen Erkenntnisinteressen, oft unterschiedliche Perspektiven bei Zeithorizont und Risikoabschätzung. Die Rektoren und Präsidenten nennen deshalb als das wichtigste Hemmnis bei der Zusammenarbeit die geringe Bereitschaft von Unternehmen, in langfristige Forschungsprojekte mit ungewissem Ausgang zu investieren. Drei von vier Universitäten sehen auch Konfliktpotenzial durch gegenläufige Verwertungsinteressen bei den Forschungsergebnissen (Patentierung versus Publikation, Aufteilung der Verwertungserträge). Bei den Fachhochschulen ist es nur eine von drei.

Ökonomische Effekte stärken, Kooperationen finanziell fördern

Für die Mehrzahl der Kooperationsprojekte müssen Hochschulen eigene Ressourcen bereitstellen. Diese finanziellen Spielräume haben Hochschulen nicht immer zur Verfügung. Vier von fünf Rektoren und Präsidenten sehen deshalb in der unzureichenden Finanzierung von gemeinsamen Forschungsprojekten ein wichtiges Hindernis für die Zusammenarbeit. Hochschulen, die erfolgreich Drittmittelprojekte einwerben, stehen also vor dem Dilemma, auf eine weitere Zusammenarbeit verzichten zu müssen, wenn sie diese nicht über Einsparungen in anderen Bereichen finanzieren wollen oder können.

Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist eine solche Entwicklung besonders schädlich. Denn Drittmittelprojekte mit Unternehmen sind ein zentraler regionaler Wirtschaftsfaktor von Hochschulen. Über Drittmittel werden insgesamt mehr als die Hälfte der 190 Milliarden Euro an regionaler Wertschöpfung der Hochschulen generiert (Vgl. Wirtschaftsfaktor Hochschule, 2013). Eine Politik, die diese ökonomischen Effekte stärken will, sollte deshalb die Kooperationsanreize für die Hochschulen verbessern. Ein Modell dafür sind beispielsweise Matchingfonds, die eingeworbene Drittmittel aus dem privaten Sektor zu einem gewissen Anteil mit öffentlichen Zuschüssen aufstocken.