Ähnliche Strategien – unterschiedliche Ressourcen

Fast alle Hochschulen verfolgen Ziele der Internationalisierung als Teil ihrer strategischen Hochschulentwicklung. Sie schaffen dafür Verantwortlichkeiten in den Fakultäten und in der Hochschulleitung. Doch wenn es darum geht, diese Maßnahmen finanziell zu hinterlegen, zeigen sich große Unterschiede zwischen den Hochschulen.

Internationalisierung ist institutionell und strategisch verankert

Drei von vier Hochschulen geben im Hochschul-Barometer an, dass Internationalität ein besonderes Profilmerkmal ihrer Hochschule ist. Entsprechend verfügen auch vier von fünf Hochschulen über eine schriftlich festgelegte hochschulweite Internationalisierungsstrategie. Die Mehrheit setzt dabei Schwerpunkte und orientiert sich am jeweiligen Hochschulprofil durch die Konzentration auf einzelne Fachbereiche und durch die Festlegung von Zielregionen.

Bei den Zielregionen nehmen die Hochschulen den asiatischen Raum besonders häufig in den Blick, vor allem China. Die europäischen Länder liegen nur knapp dahinter. Mit deutlichem Abstand folgen Latein- und Nordamerika. Afrika spielt eine untergeordnete Rolle.

Unter den fachlichen Disziplinen liegen die Wirtschaftswissenschaften besonders häufig im Fokus der jeweiligen Internationalisierungsstrategie. Auch die Naturwissenschaften prägen die internationale Ausrichtung der Hochschulen. Eher selten wird die Internationalisierung hingegen bei den Ingenieurwissenschaften als vorrangiges Ziel genannt, obwohl 27 Prozent aller internationalen Studierenden in dieser Fachrichtung eingeschrieben sind – mehr als in jeder anderen Disziplin (Statistisches Bundesamt 2015).

Jenseits geografischer und fachlicher Schwerpunkte setzen viele Hochschulen weitere strategische Akzente. Die Gewinnung von internationalen Studierenden und Professoren sowie die Förderung der interkulturellen Vernetzung und Mobilität werden dabei besonders häufig genannt.

Neben der strategischen Verankerung hat die überwiegende Mehrheit der Hochschulen auch einen institutionellen Rahmen für ihre Internationalisierungsaktivitäten geschaffen. In 84 Prozent der Hochschulen ist ein Mitglied der Hochschulleitung ausdrücklich für das Thema Internationalisierung verantwortlich. Darüber hinaus verfügen die Hochschulen im Durchschnitt über zwei Einrichtungen, die sich ausschließlich um die unterschiedlichen Belange der Internationalisierung kümmern, beispielsweise um die Betreuung von ausländischen Studierenden, die Entwicklung von Austauschprogrammen oder internationale Forschungskooperationen. Die durchschnittliche Anzahl der dort beschäftigten Mitarbeiter in Vollzeitäquivalenten liegt bei acht Personen, 14 Prozent von ihnen werden über Drittmittel finanziert.

 

Ausgaben variieren nach Hochschultyp

Im Durchschnitt hat eine deutsche Hochschule im Jahr 2014 knapp 700.000 Euro für Maßnahmen der Internationalisierung ausgegeben. Hierzu zählen die Ausgaben für Personal und Maßnahmen, die durch die entsprechende Hochschuleinrichtung im Rahmen der Internationalisierungsstrategie durchgeführt werden, mit Ausnahme von Forschungsprojekten. Dieser Wert entspricht 89 Euro je Studierenden. Um diesen Mittelwert herum gibt es jedoch deutliche Abweichungen nach Hochschultyp und Bundesland. Welchen Hochschulen ist die Internationalisierung also besonders viel wert?

Ausgaben für die Internationalisierung: 89 Euro je Studierenden

Im Vergleich verschiedener Hochschulgruppen liegen die privaten Hochschulen mit 200 Euro je Studierenden weit über dem Durchschnitt. Die Exzellenzuniversitäten (hier ohne TU9) geben ebenfalls deutlich mehr als andere für Internationalisierung aus. Sie investieren rund zwei- bis dreimal mehr als andere staatliche Universitäten, die von der Förderung nicht profitieren und damit weniger Ressourcen und weniger internationale Sichtbarkeit bekommen.

Überraschend gering fallen jedoch die Ausgaben für Internationalisierung bei den großen technischen Hochschulen aus, die sich in der TU9 zusammengeschlossen haben. Sie liegen weit unter denen der Exzellenzuniversitäten und aller anderen Universitäten, obwohl die TU9-Hochschulen tendenziell eine starke Forschungsorientierung aufweisen und ihre Wissenschaftler durchaus international ausgewiesen und vernetzt sind. Doch hier wird deutlich, dass Hochschulen mit technischem Schwerpunkt insgesamt weniger Ressourcen in Maßnahmen der Internationalisierung stecken. Teilt man alle deutschen Hochschulen in die Kategorien technische (Anteil der Studierenden in ingenieurwissenschaftlichen Fächern über 30 Prozent) und nicht technische Hochschulen ein, zeigt sich, dass die technischen Hochschulen im Durchschnitt 23 Prozent weniger Mittel pro Studierenden für Internationalisierung ausgeben als die nicht technischen. Ein Grund dafür könnte sein, dass ein technisches Studium in Deutschland nach wie vor attraktiv genug ist, so dass zumindest für die Gewinnung der Studierenden nur wenige finanzielle Ressourcen benötigt werden. Direkte Zusammenhänge für die unterschiedlichen Aufwendungen werden durch die Befragung noch nicht deutlich. Hier müssen weitere Untersuchungen Antworten liefern.

Bremen investiert am meisten

Die durchschnittlichen Ausgaben für die Internationalisierung der Hochschulen variieren auch zwischen den Bundesländern. Diese Unterschiede lassen sich nicht allein durch die verschiedenen Profile und Prioritäten der Hochschulen erklären, sondern sie beruhen auch auf der Struktur der Hochschullandschaft eines Bundeslandes. So sind private Hochschulen oder Exzellenzuniversitäten mit ihren hohen Internationalisierungsaktivitäten ungleich geografisch verteilt. Doch auch strukturell ähnliche Bundesländer weisen Unterschiede bei ihren Internationalisierungsaufwendungen auf. Im Ergebnis entsprechen die Ausgaben in sechs Bundesländern weniger als 50 Euro je Studierenden. In sechs weiteren Bundesländern sind es mehr als 100 Euro. Den bundesweit höchsten Betrag erreichen die Hochschulen in Bremen mit mehr als 300 Euro je Studierenden. Es folgen Bayern (177 Euro) und Berlin (168 Euro). Ein Grund für hohe Ausgaben kann ein hoher Anteil internationaler Studierender und der entsprechende Betreuungsaufwand sein. Dazu passt, dass die beiden Stadtstaaten auch die höchsten Anteile von internationalen Studierenden (Wintersemester 2014/2015) haben: In Berlin sind es 17 Prozent, in Bremen 14 Prozent (Statistisches Bundesamt 2015).

Ein direkter Zusammenhang zwischen den Ausgaben und der Gewinnung internationaler Studierender kann durch die Befragungsergebnisse jedoch nicht abgeleitet werden. Denn allein durch die unterschiedliche Beliebtheit der Hochschulstandorte bei Studierenden aus dem Ausland lassen sich die Differenzen bei den Ausgaben nicht erklären. Obwohl die ostdeutschen Bundesländer sich bei der Anzahl internationaler Studierender nicht mehr von den westdeutschen Ländern unterscheiden, liegen sie – mit Ausnahme von Sachsen – bei den Internationalisierungsausgaben am unteren Ende der Skala. Die westdeutschen Bundesländer weisen zwar durchschnittlich höhere Ausgaben für Internationalisierung auf, besitzen aber eine sehr große Spannweite. Bayern, Schleswig-Holstein und das Saarland investieren ähnlich viel wie die Stadtstaaten. Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz liegen dagegen mit den ostdeutschen Bundesländern in der Schlussgruppe. Unterschiede in den Anteilen an den ungleich international ausgerichteten Hochschulgruppen können diese Abweichungen allein nicht erklären.