Hochschulprofile im Wandel

Die Hochschullandschaft wird bunter, vor allem durch die Neuorientierung einzelner Fachhochschulen. Deren Spektrum umfassen inzwischen Hochschulen mit Fokus auf angewandter Forschung, auf grundständiger beziehungsweise weiterführender Lehre und auf Weiterbildung.

Traditionell teilt sich die Hochschullandschaft in Deutschland in die Hochschultypen Universitäten und Fachhochschulen, die jeweils mit einem klaren und unterscheidbaren Aufgabenprofil versehen sind: Fachhochschulen betreiben traditionell Lehre und Forschung auf wissenschaftlicher Grundlage, aber mit anwendungsorientiertem Schwerpunkt. Universitäten haben den Auftrag, in enger Verzahnung von Forschung und Lehre Studierende auszubilden, den wissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern und grundlagenorientierte Forschung zu betreiben.

Doch gelten diese scharfen Trennlinien heute noch? Schließlich versucht die Politik schon lange, die deutsche Hochschullandschaft vielfältiger zu gestalten. So ist beispielsweise zum einen mit der Einführung der neuen Studienabschlüsse Bachelor und Master eine stärkere Berufsorientierung auch universitärer Lehre einhergegangen. Zum anderen wurde die Forschung an Fachhochschulen gefördert.

 

Hochschulprofile in der Clusteranalyse

Wie stark ist die Differenzierung im Hochschulsystem hinsichtlich unterschiedlicher Aufgabenbereiche? Zu diesen Aufgaben zählen die Grundlagenforschung, die angewandte Forschung und Entwicklung (FuE) beziehungsweise der Wissens- und Technologietransfer, die grundständige beziehungsweise weiterführende Lehre und die Weiterbildung, aber auch der Dialog und die Vernetzung mit der Gesellschaft (community outreach).

Für eine Analyse der Hochschulprofile wurden die Aussagen der Hochschulleitungen zur Wichtigkeit der einzelnen Aufgaben für die eigene Institution ermittelt. Dazu konnten die Befragten insgesamt 100 Punkte auf die einzelnen Aufgaben verteilen. Auf dieser Basis wurde eine statistische Analyse („Clusteranalyse“) durchgeführt, um Gruppen von Hochschulen mit möglichst ähnlichem Aufgabenprofil auch jenseits der Unterteilung in Universität und Fachhochschule zu identifizieren.

Zusammengefasst werden dadurch Hochschulen, die nach eigener Aussage bestimmten Aufgaben überdurchschnittliche viel, anderen Aufgaben jedoch im Vergleich eine geringere Wichtigkeit beimessen. Es ergeben sich fünf unterschiedliche Gruppen von Hochschulen mit Schwerpunkten in den verschiedenen Aufgabenbereichen:

  • A: Grundlagenforschung
  • B: Angewandte FuE, Wissens- und Technologietransfer
  • C1: Grundständige Lehre
  • C2: Weiterführende Lehre
  • D: Weiterbildung

Universitäten im Profil "Forschung"

Für den ersten Cluster – 27 Prozent aller Hochschulen – ist die Grundlagenforschung kennzeichnend (32 Punkte). Alle Hochschulen dieses Clusters sind Universitäten. Dies spiegelt sich auch in der hohen Bedeutung der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses wider (15 Punkte). Die Aspekte grundständige und weiterführende Lehre bewerten die Hochschulen dieses Clusters als etwas weniger wichtig als die Forschung. Angewandte FuE oder der Wissens- und Technologietransfer spielen im Vergleich eine eher untergeordnete Rolle.

 

Fachhochschulen zeigen Vielfalt

Während sich die Universitäten nahezu vollständig im Cluster Grundlagenforschung sammeln, differenzieren sich die Fachhochschulen stärker und verteilen sich im Wesentlichen auf drei Profillinien. Gut ein Drittel der Fachhochschulen fällt in ein Cluster von Hochschulen, die einen überdurchschnittlich hohen Wert auf angewandte Forschung und Entwicklung bzw. Wissens- und Technologietransfer legt. Die Fachhochschulen vergeben durchschnittlich 21 der insgesamt verfügbaren 100 Punkte in diesem Bereich – das ist mehr als doppelt so viel wie im Schnitt aller Hochschulen. Dennoch bleibt die Lehre auch bei diesen Hochschulen wichtig für das Profil: Sie geben dafür rund 40 Prozent mehr Punkte als im Cluster der Grundlagenforschung. Die Hochschulen des Clusters für angewandte Forschung haben in der überwiegenden Mehrzahl ein technisch orientiertes Fächerspektrum.

35 Prozent der Fachhochschulen profilieren sich durch Betonung der angewandten Forschung.

Eine hohe Bedeutung der Lehre findet sich in zwei Clustern, einmal für grundständige zum anderen für weiterführende Lehre. Für Lehre insgesamt vergeben die Befragten dieser Cluster 63 bzw. 69 von 100 Punkten.

Charakteristisch für diese Cluster ist der jeweils relativ hohe Anteil an privaten Einrichtungen. Das erklärt die geringe durchschnittliche Größe der Hochschulen in diesen beiden Clustern. Der Anteil der Zahl der Hochschulen an der gesamten Hochschullandschaft beträgt 16 Prozent beziehungsweise 20 Prozent, es studieren dort aber nur acht Prozent beziehungsweise 14 Prozent aller Studierenden.

 

Weiterbildung als Nische

Zwölf Prozent der Hochschulen mit nur fünf Prozent der Studierenden bilden den kleinsten der fünf Cluster mit dem Profilschwerpunkt Weiterbildung. In dieser Gruppe sind viele private Hochschulen, die unter anderem MBAs (executive education) oder berufs- und ausbildungsorientierte Studiengänge anbieten. Technisch orientierte Studiengänge sind dagegen eher selten. Hochschulen mit dem Schwerpunkt Weiterbildung zeigen aber auch in den anderen Aufgabenfeldern Flagge. Im Vergleich mit den anderen Clustern haben sie ein recht ausgeglichenes Profil. Es ist der einzige Cluster, in dem auch der Bereich „Dialog mit der Gesellschaft“ eine nennenswerte Beachtung findet.