Maßnahmen und Hemmnisse

Die Hochschulen müssen große Anstrengungen unternehmen, um die selbst formulierten Ziele der Internationalisierung verwirklichen zu können. Welche Instrumente sehen sie dafür als besonders geeignet an? Welche Hemmnisse erschweren den Weg zur internationalen Hochschule?

Herausforderung Studienabbruch

Die Hochschulen sind sich weitgehend einig in dem Ziel, mehr internationale Studierende zu gewinnen. Doch wenn es dabei nicht nur um einen temporären Aufenthalt, etwa im Rahmen eines Austauschprogramms, geht, dann müssen die Hochschulen dem Ziel Studienerfolg mindestens ebenso viel Gewicht geben wie der Gewinnung von Studienanfängern. Denn internationale Studierende brechen deutlich häufiger ihr Studium ab als Studierende, die in Deutschland ihre Hochschulzugangsberechtigung erworben haben (DZHW 2014). Die Zahlen des Hochschul-Barometers bestätigen diese Analyse, allerdings mit einer Differenzierung: Internationale Studienabbrecher sind demnach eine Herausforderung für Universitäten, aber weniger für Fachhochschulen. Bei den Universitäten lag die Abbruchquote für internationale Studierende über der Quote der Studienabbrecher insgesamt (30 Prozent beziehungsweise 21 Prozent)*. Bei den Fachhochschulen sind beide Quoten deutlich niedriger, das Abbruchrisiko für internationale Studierende ist auch nicht höher (13 Prozent beziehungsweise 15 Prozent). Allerdings verfügt nur ein Teil der Hochschulen über ein Monitoring-System zum Studienabbruch. An 43 Prozent der staatlichen Hochschulen werden die Abbruchquoten nicht erfasst. Die privaten Hochschulen sind hier besser aufgestellt. Nur 14 Prozent kennen die Abbruchquoten nicht.

An 43 Prozent der staatlichen Hochschulen werden die Abbruchquoten nicht erfasst.

Studierende im Fokus der Maßnahmen – Arbeitsmarkt weniger

Die Hochschulleitungen räumen einer Verbesserung der Lernbedingungen für internationale Studierende hohe Priorität ein. Stipendien sowie Maßnahmen für mehr Studienerfolg für internationale Studierende haben ebenfalls eine hohe Bedeutung. Diese Instrumente zählen aus Sicht der Rektoren und Präsidenten zu den drei wichtigsten Maßnahmen der Internationalisierung, die sie mit zusätzlichen frei verfügbaren Mitteln für die Förderung der Internationalisierung angehen würden. Noch mehr Geld würden die Hochschulen nur in die Internationalisierung von Studiengängen investieren. Im Durchschnitt etwas weniger wichtig sind den Hochschulen eigene Maßnahmen für mehr Internationalität in der Forschung. Und eher selten würden die Hochschulleitungen beispielsweise in den Ausbau eigener Auswahlverfahren sowie in Maßnahmen zur Integration der Absolventen und Wissenschaftler auf dem Arbeitsmarkt investieren, obwohl beides sehr gut dazu beitragen könnte, geeignete Fachkräfte aus dem Ausland für eine Beschäftigung in Deutschland zu gewinnen. Aus gesellschaftlicher Sicht sind Hochschulen hier stark gefordert, denn viele internationale Absolventen verlassen Deutschland und tragen damit nicht als Beschäftigte zur nachgelagerten Deckung ihrer Studienkosten bei (Stifterverband, McKinsey 2015).

Fachhochschulen und Universitäten unterscheiden sich in der Bewertung der geeigneten Instrumente nur wenig. Allerdings beurteilen Fachhochschulen Instrumente zur Reduzierung von Studienabbrüchen als relativ wichtig. Anreize für internationale Forschung stehen dagegen bei Exzellenzuniversitäten hoch im Kurs. Diese Hochschulen würden gerne zusätzliche Mittel in die Gewinnung ausländischer Wissenschaftler und in die Unterstützung internationaler Forschungskooperationen, zum Beispiel durch Wissenschaftspreise und Kofinanzierungen, investieren.

Immer mehr Forschungskooperationen mit ausländischen Unternehmen

Bei internationalen Forschungskooperationen von Hochschulen stehen häufig die Kontakte mit anderen Hochschulen im Ausland im Fokus. Bis zu ein Drittel der Hochschulen arbeiten in der Forschung aber auch mit Unternehmen zusammen, die ihren Firmensitz im Ausland haben. Bei Universitäten liegt der Anteil rund doppelt so hoch wie bei Fachhochschulen (48 Prozent zu 23 Prozent). Im Durchschnitt konnten die entsprechenden Hochschulen durch solche Kooperationen knapp eine Million Euro zusätzlicher Einnahmen generieren. Im Vergleich zu Forschungskooperationen mit inländischen Unternehmen sind jedoch der Grad und der Umfang der Zusammenarbeit noch gering. Mit Unternehmen aus Deutschland kooperieren mehr als zwei Drittel der Hochschulen (Hochschul-Barometer 2013) und damit doppelt so viele wie mit Unternehmen aus dem Ausland. Auch das finanzielle Volumen je Hochschule liegt bei den Inlandskooperationen um ein Vielfaches höher. Dennoch hat die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit der Wirtschaft durchaus Potenzial. Denn zwei Drittel der Hochschulen mit Kooperationen geben an, dass die entsprechenden Einnahmen in den vergangenen fünf Jahren gestiegen sind. Es scheint jedoch zweifelhaft, ob die Hochschulen dadurch den sinkenden Anteil kompensieren können, den die Unternehmen zum gesamten Drittmittelaufkommen der Hochschulen beisteuern.

Digitalisierung noch vielfach ungenutzt

Der Einzug digitaler Medien ist einer der bestimmenden Trends in der internationalen Entwicklung des Bildungsbereichs. Die befragten Hochschulleiter finden die internationalen Marketing- und Kommunikationsaktivitäten wie internationale digitale Lehr- und Lernangebote gleichermaßen wichtig. Ein mehrsprachiger Webauftritt der eigenen Hochschule und der Einsatz sozialer Medien können umfangreich über das Lehrangebot, Forschungsschwerpunkte und internationale Kooperationen der Hochschule informieren und die globale Sichtbarkeit sowie die Attraktivität der Hochschule für internationale Studierende und Wissenschaftler steigern. Ebenso werden MOOCs (massive open online courses) als potenziell wirkungsvolles Element einer Internationalisierungsstrategie betrachtet. Aber auch Online-Lernplattformen und virtuelle Sprachkurse finden die Hochschulleiter wichtig.

Das Potenzial der Digitalisierung für die Internationalisierung wird von den deutschen Hochschulen aber erst langsam erkannt. Zwar geben 77 Prozent der Hochschulleiter an, die Digitalisierung werde in fünf Jahren von grundlegender Bedeutung für die Durchführung der Internationalisierungsstrategie der eigenen Hochschule sein.

77 Prozent der Hochschulleiter sagen: Digitalisierung hat grundlegende Bedeutung für die Internationalisierungsstrategie in der Zukunft.

Allerdings gibt es auch kritische Stimmen. Insgesamt misst aktuell weniger als die Hälfte der Hochschulleiter der Rolle der Digitalisierung im Hinblick auf die Umsetzung der Internationalisierungsstrategie eine Bedeutung bei. Außerdem äußert jeder vierte Hochschulleiter die Befürchtung, dass aufgrund digitaler Kommunikation die internationale Mobilität und der Erwerb interkultureller Kompetenzen vor Ort zurückgehen könnten.

 

Von Rahmenbedingungen bis Personal: Was hemmt die Internationalisierung?

Die Internationalisierungsbemühungen der Hochschulen werden nach Ansicht der Hochschulleitungen insbesondere von zwei Faktoren beeinträchtigt: dem bürokratischen Aufwand und der unzureichenden Finanzierung. 78 Prozent beziehungsweise 74 Prozent zählen diese Faktoren zu den starken Hemmnissen. Hier fordern die Hochschulen also den Staat zum Handeln auf, entsprechende Rahmenbedingungen zu verbessern. Weitere häufig genannte Hemmnisse adressieren jedoch vor allem eigene Versäumnisse. Ungefähr die Hälfte der Hochschulleiter sagt, dass das eigene Personal in Verwaltung und Lehre nur unzureichend auf die Internationalisierung vorbereitet ist. Die Hochschulen sind also gefordert, hier entsprechende Personalentwicklung zu betreiben. Wenig Kritik gibt es dagegen an den Standortfaktoren: Nur wenige Hochschulen nennen eine geringe Attraktivität des Wissenschaftsstandortes und des Gastlandes Deutschland als Hemmnis auf dem Weg zur internationalen Hochschule.

* Einige im Hochschul-Barometer ermittelten Werte berechnen sich als Durchschnitt aus den Angaben der einzelnen Hochschulen, da Daten für eine gewichtete Berechnung jeder einzelnen Hochschule (zum Beispiel Anzahl der Professoren an der Hochschule) nicht vorliegen. Die Zahlen können deshalb von offiziellen Statistiken und anderen Studien abweichent.