Die internationale Hochschule: Ist und Soll

Wie sieht die internationale Hochschule aus? Wie hoch sollte idealerweise der Anteil von internationalen Studierenden und internationalem Forschungs- und Lehrpersonal sein? Wie stark muss die Lehre internationalisiert sein, wie hoch die Auslandsmobilität der einheimischen Studierenden?

Mehr internationales Personal und mehr Studierende gewünscht

89 Prozent der Rektoren und Präsidenten wünschen sich mehr internationale Studierende an ihrer Hochschule. Deren Anteil an allen Studierenden soll von aktuell 10 auf 14 Prozent steigen. Der Anteil der Professoren aus dem nicht deutschsprachigen Ausland sollte sich nach Ansicht der Hochschulleiter sogar mehr als verdoppeln – von 5* auf 13 Prozent.

Anteil der ausländischen Professoren sollte sich mehr als verdoppeln.

Ähnliche Steigerungen erhoffen sich die Leiter bei anderen Personalkategorien an der Hochschule. Der Anteil von internationalen Mitarbeitern beim wissenschaftlichen Personal soll von aktuell 7 auf 14 Prozent steigen, beim nicht wissenschaftlichen Personal von 3 auf 9 Prozent. Doch lassen sich solche Zunahmen in einer absehbaren Zukunft erreichen? Die bisherigen Bemühungen der Hochschulen scheinen nicht unbedingt viel verändert zu haben. Der Anteil von Wissenschaftlern aus dem Ausland, die an deutschen Hochschulen tätig sind, ist zwischen den Jahren 2006 und 2013 nur gering gestiegen: Der Zuwachs beim Anteil der Professoren mit ausländischer Staatsangehörigkeit betrug 1,15 Prozentpunkte, der Anteil bei dem weiteren wissenschaftlichen und künstlerischen Personal stieg nur geringfügig schneller (um 1,4 Prozentpunkte) (Statistisches Bundesamt 2006, 2013). Bei ähnlicher Dynamik würde es also mehrere Jahrzehnte dauern, um bei den von den Hochschulen genannten Zielwerten anzukommen. Auch im internationalen Vergleich weisen deutsche Hochschulen einen Rückstand auf: Im Jahr 2011 lag der Anteil ausländischer Professoren in Frankreich mit 13 Prozent, in England mit 17 Prozent und in den USA mit 25 Prozent deutlich höher (Kreckel, Zimmermann 2014).

Die Auslandsmobilität der einheimischen Studierenden im Rahmen eines Praktikums oder Studienaufenthaltes soll nach den Wünschen der Hochschulleiter ebenfalls zunehmen. Nachdem ihr Anteil an allen Studierenden mehr als zehn Jahre lang gesunken ist, hat sich der Trend im Jahr 2013 wieder umgedreht. Allerdings war nur etwa die Hälfte der auslandsmobilen Studierenden tatsächlich an der ausländischen Hochschule eingeschrieben und hat internationale Studiumserfahrung gesammelt. Die Gründe gegen ein Auslandsstudium sind vielfältig: zusätzliche Kosten für die Studierenden, Verlängerung der gesamten Studienzeit, enger Zeitplan des eigenen Studienganges und die Unsicherheit über die Anerkennung der Leistungen (HIS 2013).

Für die Wirtschaft sind internationale Erfahrungen von Absolventen ein wichtiges Kriterium bei der Personalrekrutierung. Laut Hochschul-Bildungs-Report (Stifterverband/McKinsey, 2015) sind interkulturelle Kompetenzen und Fremdsprachenkenntnisse der Arbeitnehmer für 70 beziehungsweise 80 Prozent der befragten Unternehmen wichtig. Doch diese Fähigkeiten könnten bei den Absolventen durchaus noch wachsen: Nur 52 Prozent beziehungsweise 63 Prozent der Unternehmen sind der Meinung, sie wären bereits gut ausgeprägt (Stifterverband, McKinsey 2015).

Internationalisierung der Curricula soll von 16 auf 28 Prozent steigen.

Als dritte Säule wollen die Hochschulen auch mehr für die Internationalisierung der Lehre an den eigenen Hochschulen tun. Die Studiengänge mit inhaltlicher Internationalisierung der Curricula machen derzeit nach Aussagen der Hochschulpräsidenten 16 Prozent aus und sollen auf 28 Prozent steigen. Auch rein fremdsprachige Studiengänge sollen sich in etwa verdoppeln – auf dann 17 Prozent.

 

Private sowie Kunst- und Musikhochschulen bereits stark international

Für viele Musik- und Kunsthochschulen ist die Internationalisierung von Personal und Studierenden kein Thema mehr. Sie sind bereits hochgradig international. Im Durchschnitt kommt hier jeder dritte Studierende aus dem Ausland. Auch der Anteil an internationalen Professoren ist mit 17 Prozent dreimal höher als im Durchschnitt. Die Kunst- und Musikhochschulen sind deshalb auch mit ihrem jetzigen Anteil an internationalen Studierenden und Professoren zufrieden.

Dagegen sind Universitäten und Fachhochschulen gleichermaßen ambitioniert und wünschen sich eine deutliche Steigerung aller Kennzahlen. Status quo und Zielgrößen liegen bei den Universitäten dabei über den Werten der Fachhochschulen. Große Unterschiede gibt es in der Studienganggestaltung. Während Universitäten sagen, dass bereits 22 Prozent der Studiengänge international ausgerichtet sind und 17 Prozent rein fremdsprachig angeboten werden, liegen die Anteile bei den Fachhochschulen bei nur 15 Prozent und 7 Prozent. Deutlich sind auch die Unterschiede beim wissenschaftlichen Personal. Jeder siebte Mitarbeiter kommt an Universitäten aus dem Ausland, an Fachhochschulen ist es nur einer von 20.

Unterschiede gibt es nicht nur nach Hochschultyp, sondern auch nach Trägerschaft. Private Hochschulen sind internationaler als die staatlichen und haben in allen befragten Bereichen ambitioniertere Ziele. In der inhaltlichen Internationalisierung des Lehrangebots (32 Prozent) sowie beim Anteil rein fremdsprachiger Studiengänge (22 Prozent) liegen private Hochschulen bereits heute über den Werten, die staatliche Hochschulen für die Zukunft anstreben. Der Anteil von Studierenden mit einem Praktikums- oder Studienaufenthalt im Ausland liegt mit 32 Prozent fast bei dem gewünschten Wert der staatlichen Hochschulen. Allerdings sind die privaten Hochschulen bislang beim Personal kaum internationaler aufgestellt als die staatlichen Einrichtungen. Nur die Zielwerte der privaten Hochschulen sind deutlich größer.

Als Leuchttürme der Internationalisierung verstehen sich unter den privaten Einrichtungen die wenigen privaten Universitäten. Deren Kennzahlen liegen zwei- bis dreimal höher als der Durchschnitt der privaten Hochschulen. Rund die Hälfte des wissenschaftlichen Personals und der Studierenden soll idealerweise aus dem Ausland kommen. Die Lehre soll fast komplett international werden: Mehr als drei Viertel des Lehrangebots soll international ausgerichtet sein und nahezu alle Studiengänge (95 Prozent) sollen rein fremdsprachig angeboten werden. Aktuell geben private Universitäten an, dass dieser Wert immerhin schon bei über 70 Prozent liegt. Internationale Studierende sind also eine äußerst wichtige Zielgruppe für private Universitäten. Der Blick auf die internationalen Bildungsmärkte mag auch daran liegen, dass Studiengebühren dort weniger als Hemmnis wahrgenommen werden als in Deutschland.

* Einige im Hochschul-Barometer ermittelten Werte berechnen sich als Durchschnitt aus den Angaben der einzelnen Hochschulen, da Daten für eine gewichtete Berechnung jeder einzelnen Hochschule (zum Beispiel Anzahl der Professoren an der Hochschule) nicht vorliegen. Die Zahlen können deshalb von offiziellen Statistiken und anderen Studien abweichen.