Wie stehen die Hochschulen in Deutschland zu Fragen der Diversität bei Lehre, Forschung und eigenem Personal?
Ein gesellschaftlicher und demografischer Wandel führt dazu, dass die Vielfalt unter den Studierenden und Lehrenden zunimmt. Das betrifft individuelle Bildungsbiografien, kulturelle Prägungen und soziale Hintergründe. Diese Vielfalt als Chance zu sehen und allen Menschen gleichermaßen Zugang zu guter Bildung zu ermöglichen, ist eine wichtige Aufgabe. Hochschulen können hier eine Vorreiterfunktion übernehmen und Vorbilder hervorbringen. Deshalb ist eine Sensibilisierung für das Thema Diversität an den Hochschulen von besonderer Bedeutung.
Damit stehen die Hochschulen vor der Herausforderung, gute Rahmenbedingungen für individuelle Bildungswege zu schaffen und die Chancengerechtigkeit in der akademischen Bildung zu erhöhen. Dafür müssen sie die Potenziale erkennen, die Diversität für die eigene Institution bereithält, und Fragen der Diversität bei der Gestaltung von Lehre und Forschung, aber auch bei der Gesamtentwicklung der Hochschule, berücksichtigen.
Das Engagement einer Hochschule für das Thema Diversität benötigt eine strategische Grundlage in der Hochschulentwicklung. Eine zentrale Ansiedlung des Themas in der Hochschulleitung kann zu dessen Sichtbarkeit und kontinuierlicher Bearbeitung beitragen. An vier von fünf der befragten Hochschulen ist dieses Thema auf Leitungsebene bereits verankert. An den staatlichen Hochschulen sind es sogar rund 90 Prozent, an privaten allerdings nur rund die Hälfte. Damit wird Diversitätsmanagement an den privaten Hochschulen seltener als eine strategische Aufgabe
gesehen.
Die operative Zuständigkeit für das Diversitätsmanagement an Hochschulen liegt überwiegend bei den Gleichstellungsbeauftragten. Doch auch Stabsstellen und Hochschulreferate beschäftigen sich mit der Umsetzung von entsprechenden Maßnahmen. Insgesamt haben 87,6 Prozent der befragten Hochschulen Diversitätsmanagement als Thema in der Verwaltung verankert. Dazu zählen nahezu alle staatlichen Hochschulen. Jeder fünfte Leiter einer privaten Hochschule berichtet jedoch, dass eine operative Zuständigkeit für das Thema Diversität an seiner Einrichtung fehlt.
Das Thema Diversität findet in Studium und Lehre bereits eine breite Beachtung (83,1 Prozent), zum Beispiel mit entsprechenden Beratungs- und Betreuungsangeboten und flexiblen Studienformaten. Dazu gehört auch, dass ein ähnlich hoher Anteil der Hochschulen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) für Studierende anwendet. Entsprechende Beschwerdestellen sind jedoch nur an etwa der Hälfte der Hochschulen vorhanden. Auch in der strategischen Hochschulsteuerung, zum Beispiel in Zielvereinbarungen mit den Fakultäten oder im Leitbild der Hochschule, wird Diversität häufig berücksichtigt. 71,1 Prozent der Hochschulen geben an, auf diese Weise das Thema in die Hochschulentwicklung aufzunehmen. Bei den staatlichen Universitäten sind es sogar 81,8 Prozent.
Diversitätsmanagement an Hochschulen sollte sich nicht nur an Studierenden orientieren, sondern auch die eigenen Beschäftigten adressieren, beispielsweise in Bezug auf die Qualifizierung des wissenschaftlichen Nachwuchses oder durch thematische Schulungen und Personaltrainings. Jedoch nur rund die Hälfte der befragten Hochschulen betreibt ein intensives Diversitätsmanagement beim eigenen Personal. Besonders private Einrichtungen sind hier selten aktiv (33,3 Prozent). Noch weniger Berücksichtigung findet das Thema in Forschung und Wissenschaft. Nur knapp jede dritte Hochschule sieht Diversität in diesem Bereich als eine wichtige Aufgabe an, obwohl Vielfalt zu einer internationalen und interdisziplinären Forschungslandschaft gehört.