Rückgang der Studierendenzahlen, Investitionsbedarfe und die Auswirkungen aktueller gesellschaftlicher Debatten wie beispielsweise zum Krieg in der Ukraine und in Gaza – die Stimmung an deutschen Hochschulen ist auf dem niedrigstem Wert seit 2011.
Fachkräftemangel, Investitionsbedarfe und die Auswirkungen aktueller gesellschaftlicher Debatten wie beispielsweise zu Demokratie, zum Krieg in der Ukraine und zum Konflikt im Nahen Osten: In der Umfrage zum Hochschul-Barometer nennen die Hochschulleitungen in Deutschland eine Vielzahl von Herausforderungen, denen sich die Hochschulen aktuell stellen müssen. Am meisten Sorgen bereiten den Hochschulen dabei die möglichen Kürzungen in den öffentlichen Haushalten und die Auswirkungen durch den Rückgang der Studierendenzahlen. Beide Themen haben einen mittel- beziehungsweise unmittelbaren Einfluss auf die Finanzierung der Hochschulen. So fürchten die Leitungen auf der einen Seite, dass mögliche Kürzungen in den öffentlichen Haushalten auch an der Finanzierung der Hochschulen nicht vorbeigehen. Darüber hinaus hätte ein dauerhafter Rückgang der Studierendenzahlen Auswirkungen auf die (Grund-)Finanzierung der Hochschulen sowohl bei öffentlicher als auch privater Trägerschaft.
Wie bewerten also die Hochschulleitungen die Lage und die Entwicklungen ihrer Hochschulen angesichts dieser Herausforderungen? Welche Veränderungen lassen sich in den vergangenen Jahren ausmachen? Antworten darauf gibt der Stifterverband-Index zur Lage der Hochschulen, der die Einschätzungen der Hochschulleitungen aus 17 zentralen Indikatoren der Hochschulen zusammenfasst. Der Lageindex wird auf einer Skala von -100 (sehr negative Bewertung) bis +100 Punkten (sehr positive Bewertung) gemessen. Insgesamt ist die Stimmung unter den Hochschulleitungen weniger positiv als in den Vorjahren. So stellt die jüngste Bewertung der Lage mit 18,9 Punkten den niedrigsten Indexwert seit Beginn der Erhebung des Stimmungsbarometers im Jahr 2011 dar. Zwar liegt die Stimmung damit immer noch im gemäßigt positiven Bereich, reiht sich jedoch in die Entwicklung der vergangenen Jahre ein: Seit 2021 bewerten die Hochschulleitungen ihre Lage durchgehend schlechter als noch im Vorjahr. Wenngleich sich diese Entwicklung übergreifend festhalten lässt, so unterscheiden sich die Ergebnisse dabei nach einzelnen Indikatoren sowie nach Hochschultyp oder Trägerschaft. So bewerten beispielsweise Universitäten ohne Exzellenzförderung ihre Stimmung um fast 20 Indexpunkte schlechter als noch im Vorjahr.
Die schlechtere Stimmung in diesem Jahr wird maßgeblich beeinflusst durch eine schlechtere Bewertung der Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen und ihrer Kooperationsbeziehungen. Besonders die negative Entwicklung bei der Einschätzung der Wettbewerbsfähigkeit in den vergangenen Jahren ist hierbei hervorzuheben: Seit 2020 fiel der entsprechende Wert um 22 Indexpunkte. Damit stellt die jüngste Erhebung erneut einen Tiefstwert seit Beginn der Erhebung dar. Beurteilten im Vorjahr noch fast drei Viertel (74 Prozent) der Hochschulen ihre Wettbewerbsfähigkeit in der Lehre als (eher) gut, so tun dies aktuell nur noch zwei Drittel. Noch drastischer fällt der Rückgang beim Thema Wettbewerbsfähigkeit des Hochschulstandorts aus: Der Anteil der Leitungen, die diesen als (eher) gut bewerten, fällt um elf Prozentpunkte. Dabei spielen für die Hochschulen die beschriebenen finanziellen und personellen Herausforderungen eine wichtige Rolle. So bewerten sie ihre finanziellen Rahmenbedingungen sowie die Personalsituation, wie bereits im vergangenen Jahr, mit den niedrigsten Werten seit Beginn der Erhebung des Hochschul-Barometers im Jahr 2011. Auf der Habenseite stehen die als überwiegend gut empfundenen Entscheidungsfreiheiten: Fast drei Viertel der Hochschulleitungen schätzen die Autonomie ihrer Hochschule als (eher) gut ein.
Ein weiterer Grund für die Stimmungseintrübung ist die schlechtere Bewertung der Kooperationsbeziehungen. Das ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die Hochschulen die Zusammenarbeit mit Unternehmen außerhalb der Region (Rückgang um 11,7 Prozentpunkte) sowie mit ausländischen Hochschulen (Rückgang um 7,8 Prozentpunkte) schlechter beurteilt haben. Darüber hinaus ist der Indikator für die Bewertung der Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft seit 2021 um 9,6 Prozentpunkte gesunken. Diese Entwicklung ist insofern bemerkenswert, als die Bewertung der Kooperationsbeziehungen in den vorangehenden Erhebungen stets sehr stabil war (von den Auswirkungen der Pandemie abgesehen).
Trotz dieser Herausforderungen gibt es in der Gesamtschau auf das Jahr 2024 (bis zur Erhebung im Sommer) nicht nur Schatten, sondern auch Licht. Mehr als zwei Drittel der Hochschulleitungen bewerten das Jahr insgesamt als positiv oder zumindest weder positiv noch negativ. Damit stellt sich das Jahr besser dar, als in der Vorausschau auf das Jahr in der Winterbefragung 2023/2024 befürchtet. Gleichzeitig ist der Ausblick auf das Jahr 2025 getrübt: Die Hälfte der Hochschulleitungen (49,6 Prozent) blickt negativ oder eher negativ auf das nächste Jahr. Damit steigt der Anteil gegenüber der Vorausschau ein Jahr zuvor um 10 Prozentpunkte.