Wie bewerten Hochschulleitungen die aktuelle Lage und die Entwicklungen ihrer Hochschulen? Welche Veränderungen seit der ersten
Befragung im Jahr 2011 lassen sich ausmachen?
Antworten darauf gibt der Stifterverband-Index zur Lage der Hochschulen, der die Einschätzungen der Hochschulleitungen zu 17 zentralen Handlungsfeldern der Hochschulen zusammenfasst. Der Lageindex wird auf einer Skala von –100 (sehr negative Einschätzung) bis +100 Punkten (sehr positive Einschätzung) gemessen. Erfasst werden rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen, Kooperationsbeziehungen sowie die Wettbewerbsfähigkeit in Forschung und Lehre.
Insgesamt ist die Stimmung unter den Hochschulleitungen eher positiv. Die aktuelle Situation bewertet die Mehrheit der Leitungen etwas besser als in den Vorjahren. Die Ergebnisse unterscheiden sich jedoch stark nach einzelnen Indikatoren sowie nach Hochschultyp, Trägerschaft und Größe.
Mit 29,9 Punkten auf einer Skala von –100 bis +100 Punkten sind die Hochschulleitungen gemäßigt positiv bei der Einschätzung der aktuellen Lage ihrer Hochschule. Im Vergleich zu den Vorjahren ist der entsprechende Stifterverband-Index, der die aktuelle Stimmung an den Hochschulen misst, leicht angestiegen und befindet sich auf dem höchsten Stand seit der ersten Erhebung im Jahr 2011.
Die Ergebnisse des Indexes unterscheiden sich jedoch teils stark, wenn man die Ergebnisse nach Hochschulgruppen betrachtet. Hier fällt insbesondere der Unterschied zwischen den durch die Exzellenzstrategie geförderten staatlichen Universitäten und den nicht geförderten Universitäten ins Auge. Während sich die Lage der Exzellenzuniversitäten seit 2017 von 25,2 auf 48,9 Punkte verbessert hat, schätzen die nicht durch die Exzellenzstrategie geförderten öffentlichen Universitäten mit einem durchschnittlichen Indexwert von 17,1 Punkten ihre Lage heute leicht schlechter ein als noch 2017. Zudem hat auch die COVID-19-Pandemie Auswirkungen auf die Hochschulen: ein Drittel der teilnehmenden Hochschulleitungen schätzt in einer Sondererhebung des Hochschul-Barometers im Juli 2020 die Lage ihrer Hochschule im Vergleich zur Situation vor der Pandemie (eher) schlechter ein.
Die Hochschulleitungen bewerten für das Hochschul-Barometer die Bereiche Rahmenbedingungen, Kooperationsbeziehungen und Wettbewerbsfähigkeit. Besonders mit den Kooperationsbeziehungen und der Wettbewerbsfähigkeit sind die Hochschulen weitgehend zufrieden. Die Einschätzung der allgemeinen Rahmenbedingungen fällt hingegen mit 13,4 Punkten nüchtern aus.
Im Vergleich zum Vorjahr hat sich insbesondere die Zufriedenheit mit den Kooperationsbeziehungen gesteigert: 2019 liegt der Wert mehr als 10 Punkte über dem Wert aus dem vergangenen Jahr. Die Zufriedenheit mit den Bereichen Rahmenbedingungen und Wettbewerbsfähigkeit stieg, verglichen mit 2018, hingegen nur leicht.
Zum Zeitpunkt der Befragung Ende 2019 bewerten die Hochschulen in Deutschland die gesellschaftliche Wertschätzung so gut wie noch nie seit Erhebung des Hochschul-Barometers. Doch trotz der hohen Aufmerksamkeit für die Wissenschaft während der COVID-19-Pandemie sank aus Sicht der Hochschulleitungen in dieser Zeit die Wertschätzung, die den Hochschulen entgegengebracht wird. In einer Sondererhebung im Juli 2020 sagen nur noch 65 Prozent der Hochschulleitungen, das gesellschaftliche Klima sei (eher) günstig für die Hochschulen. Diese rückläufige Einschätzung ist bei allen Hochschultypen außer den staatlichen Universitäten zu beobachten. Von ihnen beurteilen im Juli 2020 79 Prozent die Wertschätzung während der Pandemie (eher) positiv, was einem Anstieg um vier Prozentpunkte im Vergleich zur Befragung Ende 2019 entspricht.
Die Haupterhebung für diese Publikation fand in diesem Jahr von Dezember 2019 bis Februar 2020 statt. Um die Auswirkungen der Pandemie und der damit einhergehenden Maßnahmen auf die Hochschulen darzustellen, hat der Stifterverband im April 2020 sowie im Juli 2020 zusätzliche Umfragen umgesetzt.
Hochschulen arbeiten intensiv mit Partnern aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft zusammen. Diese Kooperationen werden traditionell von den Hochschulen überwiegend positiv bewertet. Mit mehr als 80 Prozent Zustimmung werden beispielsweise Kooperationen mit Hochschulen im Ausland und mit regionalen Unternehmen besonders gut eingeschätzt. Verhaltener wird die Zusammenarbeit mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen bewertet, allerdings vor allem von Fachhochschulen und spezialisierten Hochschulen.
Verglichen mit dem Vorjahr haben sich alle Bewertungen zumindest leicht erhöht. Besonders stark verbessert haben sich der Umfrage nach die Zusammenarbeit der Hochschulen mit Stiftungen und NGOs sowie die Kooperation mit der Politik auf Landesebene.
Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Einschätzung der Rahmenbedingungen der Hochschulen vor allem in einem Punkt verbessert: 65 Prozent der Hochschulleitungen bewerten inzwischen die Autonomie als (eher) gut. Dies entspricht einem Anstieg um mehr als 13 Prozentpunkte. Insbesondere die staatlichen Universitäten und die spezialisierten Hochschulen bewerten die Autonomie deutlich besser als noch 2018. In einer Sondererhebung des Hochschul-Barometers im Juli 2020 gaben zudem 79 Prozent der Hochschulleitungen an, während der COVID-19-Pandemie über ausreichend Autonomie zu verfügen, um wichtige Entscheidungen schnell treffen zu können.
Seit fünf Jahren bewerten die Hochschulen die Wettbewerbsfähigkeit des Hochschulstandorts Deutschland im internationalen Vergleich äußerst positiv. Dies gilt auch für das Jahr 2019. Dagegen ist die Einschätzung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit in der Forschung seit 2012 leicht rückläufig. In der aktuellen Erhebung sinkt der Anteil der Hochschulen mit positiver Einschätzung um fast acht Prozentpunkte auf 48 Prozent. Dies ist vor allem durch einen deutlichen Rückgang bei privaten Hochschulen und staatlichen Fachhochschulen zu erklären.
Darüber hinaus schätzen Universitäten, die durch die Exzellenzstrategie gefördert werden, die Wettbewerbsfähigkeit deutlich höher ein als Universitäten, die nicht gefördert werden. So unterscheidet sich die Einschätzung der Wettbewerbsfähigkeit in der Lehre um 33 Prozentpunkte, in der Forschung gar um 57 Prozentpunkte.